Geschichte des Kosovo

Die Geschichte des Kosovo beginnt bereits in der Antike. Schon seit dem 3. Jahrhundert v. Chr. verliefen wichtige Handelswege zwischen dem heutigen Europa und dem Nahen Osten durch die an Bodenschätzen reiche kleine balkanische Region, weshalb sie die meiste Zeit von verschiedenen fremden Mächten beeinflusst und bestimmt wurde und auch mehrere Male zum Schauplatz von Konfrontationen wurde.

Die „hyjnesha ne fron“, die „Göttin auf dem Thron“, eine Jahrtausende alte Tonfigur aus Ulpiana, der Vorgängerstadt von Prishtina. Heute ist sie das offizielle Wappen der Stadt Prishtina

Aus der ursprünglichen Bevölkerung (vor allem Illyrer und Thraker) entstanden vermutlich die Dardaner, deren Könige eigene Silbermünzen prägten, große Kriegsheere führten und Städte ausbauten. Wichtige Stadtsiedlungen der Dardaner waren bei Niš, Skopje, Suhareka und Ulpiana. Dennoch wurde die gesamte Region im 2. Jahrhundert v. Chr. römisch. Ende des 3. Jahrhunderts n. Chr. teilte Kaiser Diokletian die römischen Provinzen neu ein. Kosovo und Teile des heutigen Mazedoniens bildeten nun die Provinz Dardania. Die wichtigste römische Ansiedlung auf dem Gebiet des Kosovo war das von Kaiser Trajan (neu-)gegründete Municipium Ulpiana nahe der heutigen Stadt Lipjan.

Im 6. und 7. Jahrhundert überfielen verschiedene slawische und awarische Stämme die antiken Städte in Südosteuropa, verdrängten so die römische Kultur und verbreiteten das Christentum. Obwohl der Balkan daraufhin zum großen Teil von Slawen bewohnt war, herrschten nach der Völkerwanderung mit kurzen Unterbrechungen dennoch die byzantinischen Kaiser bis ins 11. Jahrhundert über das Gebiet des heutigen Kosovo. Zu dieser Zeit erwähnt ein byzantinischer Autor auch erstmals die Albaner als siedelndes Volk im heutigen Albanien.

Um 1200 begründeten die Serben einen mittelalterlichen Staat mit einem König und einer serbisch-orthodoxen Nationalkirche. Kosovo wurde Teil des serbischen Königreichs, das eine Vormachtstellung auf dem Balkan erlangte. Prizren, das ganz oben auf dem Bild zu sehen ist, wurde in dieser Zeit als Handelsstadt eines der Zentren des mittelalterlichen serbischen Staates. Der Kosovo war auch die wirtschaftliche Basis dieses Reiches: Es war Kornkammer, Weinanbaugebiet und Weideland; es wurden Eisenerz, Blei, Silber und Gold gefördert. Die serbischen Ansprüche auf den Kosovo im Konflikt des 20. und 21. Jahrhundert werden primär vor dem Hintergrund dieses Serbischen Reichs des Mittelalters geltend gemacht.

Nach seiner größten Machtentfaltung zerfiel das Serbische Reich schnell in mehrere rivalisierende Teilfürstentümer, die auch den Kosovo teilten. Diese Schwächung der Region nutzten die Osmanen: Sie drangen bis hierher vor und es kam 1389 zur Schlacht auf dem Amselfeld. Die Bedeutung dieser Schlacht für die Realgeschichte ist eher gering (sie endete vermutlich unentschieden), für die serbische Geistesgeschichte jedoch sehr groß: Die Berichte über die Schlacht begründen den politischen Mythos der Serben vom Opfertod bei der Verteidigung der Christenheit und prägen die serbische nationale Identität bis heute. Nach der Schlacht wurden die serbischen Fürsten, die den Kosovo beherrschten, zunächst zu osmanischen Vasallen. Ab 1455 stand der Kosovo dann ganz unter osmanischer Herrschaft.

In der Folge kehrten sich die Siedlungsbewegungen der Serben um: Während der Expansion des Serbischen Reiches hatten sie sich von Norden nach Süden ausgebreitet, nun wanderten sie – bedingt durch die Ausbreitung des Osmanischen Reiches – aus dem Kosovo Richtung Norden.

Während der Osmanenherrschaft existierte Serbien einige Jahrhunderte nicht. Gleichzeitig begannen albanische Stämme sich immer stärker auf die Ebenen nordöstlich und östlich Albaniens auszubreiten. Begünstigt wurde dieser Prozess in den nächsten Jahrhunderten dadurch, dass die Albaner den Islam annahmen und damit zu privilegierteren Bürgern im Osmanischen Reich wurden. Außerdem wanderten die Albaner aus den kargen Gegenden des heutigen Nordalbaniens aus wirtschaftlichen Gründen in die fruchtbareren und (durch die serbische Auswanderung) menschenärmeren Gebiete des Kosovo.

Im Jahre 1877 wurde der Kosovo eine eigenständige Verwaltungseinheit des Osmanischen Reiches, obwohl dieses in der Region bereits wieder an Einfluss verlor. Daher entschloss sich eine kleine albanische Politikelite am 28. November 1912 zur Ausrufung des unabhängigen Staates Albanien. An der Unabhängigkeitserklärung waren auch Kosovo-Albaner beteiligt. Die provisorische Regierung Albaniens hatte zwar keinerlei Macht, erstrebte aber trotzdem die Vereinigung aller albanischen Siedlungsgebiete im Nationalstaat. Kosovo und das nordwestliche Makedonien fielen jedoch (erneut) an Serbien.

Damit verlief seit 1912 die Geschichte der Albaner in Albanien und im Kosovo sehr unterschiedlich. Während Albanien sich abschottete, mussten die Albaner im Kosovo sich schon 1912 gegen die brutal einmarschierende serbische Armee behaupten. Die geplante systematische Serbisierung des Kosovo wurde jedoch zunächst durch den Einmarsch der Österreicher in Serbien (und im Nord-Kosovo) mit dem Beginn des 1. Weltkriegs verhindert und 1941 dann noch einmal auch durch den 2. Weltkrieg, als die Deutschen Jugoslawien überfielen und zum Zusammensturz brachten. Nachdem Albanien kurzzeitig dem faschistischen Italien zugesprochen worden war, stand es seit 1943 – nach dem Ausscheiden Italiens aus dem Krieg – unter deutscher Besatzung. Diese Besatzung wurde von den Albanern durchaus als Befreiung vom verhassten Serben-Regime empfunden, was dazu beitrug, dass viele Albaner mit der Wehrmacht kollaborierten. 1944 wurde sogar eine kosovo-albanische SS-Divison (namens „Skanderbeg“) aufgestellt. Ihr Standort war Prizren, ihr Operationsgebiet der Kosovo.

Auf der Verhandlungsebene kam es zum Streit zwischen den kommunistischen Parteien Jugoslawiens und Albaniens darüber, wem der Kosovo nach dem Krieg zufallen solle. Vor die Wahl gestellt, allein den Kosovo Jugoslawien zu überlassen oder ihn zusammen mit Albanien dem jugoslawischen Staat anzugliedern, verzichtete Albanien 1944 auf jegliche Ansprüche im Kosovo. Tito und Hoxha kamen überein, dass die Vorkriegsgrenzen zwischen Albanien und Jugoslawien wiederhergestellt werden sollen.

Im Oktober 1944 zogen sich die deutschen Truppen aus dem Kosovo zurück, Kosovo wurde absprachegemäß in das Jugoslawien Titos integriert. Anders als in der Zwischenkriegszeit bemühte sich die jugoslawische Regierung nach 1945 wesentlich intensiver um die wirtschaftliche Entwicklung des Kosovo. Es wurde viel in die Infrastruktur, in den Bergbau und die Schwerindustrie investiert. Zu keiner Zeit jedoch konnte die kommunistische Wirtschaftspolitik im Kosovo eine gesunde Ökonomie und genügend Arbeitsplätze für die stark wachsende Bevölkerung schaffen. Trotzdem verbesserte Tito schrittweise die Lage der Albaner und gestand ihnen mehr Autonomie zu. In der neuen jugoslawischen Bundesverfassung von 1974 wurde der Kosovo als autonome Provinz etabliert und verfügte damit über eine eigene Verfassungs-, Gesetzgebungs- und Budgethoheit. In der Regierung und in den Parteien der Provinz dominierten seitdem die Albaner. Albanisch wurde zweite Amts- und Unterrichtssprache, albanische Kultur wurde gefördert und es kam zur Einrichtung der Universität Prishtina. Aus ihr ging in den folgenden 15 Jahren eine große Zahl albanischer Akademiker hervor.

Mit dem Tod Titos verschlechterte sich die Lage des Kosovo zusehends: Misswirtschaft, Arbeitslosigkeit und Korruption kennzeichneten die Situation zu Beginn der 1980er Jahre. Die Selbstständigkeit unter weitgehend kosovo-albanischer Führung hatte nicht zum erhofften Wohlstand geführt, und die Kosovo-Albaner machten dafür großteils die ehemalige serbische Herrschaft verantwortlich, was die kosovarischen Serben wiederum als Bedrohung empfanden. Das mühsam erreichte friedliche Zusammenleben zwischen Serben und Albanern war erneut in Gefahr und nahm 1981 mit der Niederschlagung eines wirtschaftlich und arbeitspolitisch motivierten Studentenaufstands durch die zentralserbische Polizei sowie dem daraufhin verhängten Ausnahmezustand einen vorläufigen Höhepunkt. Die Führung des Kosovo wurde auf Befehl Belgrads ausgewechselt.

Im Jahr 1986 begann der Aufstieg Slobodan Miloševićs als Präsident Serbiens und Jugoslawiens, es folgte 1988/1989 die Machtübernahme Serbiens im Kosovo, verbunden mit schweren Unruhen. Nach und nach sagten sich zuerst Slowenien, dann Kroatien und schließlich Bosnien-Herzegowina von Jugoslawien los, auch deshalb, weil sie das serbische Vorgehen im Kosovo nicht guthießen.

Zeitgleich verschärfte sich die Lage im Kosovo immer weiter. Schulen bekamen serbische Lehrpläne, die serbische Regierung schloss die Universität von Prishtina und setzte 2.500 Polizisten zur Überwachung neuer Gesetze ein. Kosovo-albanische Bedienstete wurden entlassen, wenn sie sich weigerten, die serbische Politik anzuerkennen. Dies betraf innerhalb eines Jahres etwa 45%, später fast 90% der Bevölkerung. Die Autonomie des Kosovo war faktisch aufgehoben.

Unter der Führung von Ibrahim Rugova und seiner Partei begann daraufhin der Aufbau eines Parallelstaats. Serbische Institutionen wurden boykottiert, der Schattenstaat organisierte albanische Schulen, medizinische Versorgung, öffentlichen Nahverkehr und Hilfe für Bedürftige. Finanziert wurde er unter anderem durch Abgaben der etwa 500.000 kosovo-albanischen Arbeitsmigranten in West- und Mitteleuropa.

Doch der albanischen Bevölkerung des Kosovo war Rugovas Politik gegenüber den Serben bald zu passiv. Es kam zu Demonstrationen, mehrere paramilitärische Gruppen organisierten sich und begannen sich gegen die serbischen Repressionen ihrerseits mit Waffengewalt zu wehren, allen voran die albanische Rebellenorganisation UÇK. Als einer der UÇK-Führer, Adem Jashari, im Februar 1998 gezielt durch die serbische Sonderpolizei MUP getötet werden sollte, eskalierten die Kämpfe im sogenannten „Massaker von Drenica“. Die aufgrund eines weiteren Massakers im Januar 1999 getroffene Einschätzung der OSZE, dass die Serben Verbrechen gegen die Menschlichkeit begingen, führte im März 1999 schließlich zu NATO-Luftangriffen und damit zum Ende der blutigen Kämpfe.

Nach dem erzwungenen Rückzug der serbischen Kräfte aus dem Kosovo und der endgültigen Auflösung Jugoslawiens erklärte sich der Kosovo am 17. Februar 2008 zur unabhängigen Republik und durchläuft seitdem eine Aufbauphase des Staatssystems sowie eine Integrierung in die Strukturen der Europäischen Union sowie der NATO.